In den vergangenen Jahrhunderten reichte den
Bauern der Erlös ihrer landwirtschaftlichen Arbeit nicht zum
Lebensunterhalt. Sie suchten nach Nebeneinkünften: In Murnau war das die
Hinterglasmalerei, in Mittenwald der Geigenbau, in Oberammergau die
Holzschnitzerei und in Unterammergau die Wetzsteinmacherei.
Foto: Verena N._pixelio.de |
Wetzsteine werden zum Schärfen von Sensen und Sicheln gebraucht. Als
allerdings zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts die Technisierung in
der Landwirtschaft immer weiter um sich griff, sank der Bedarf an diesen
Kleingeräten. Die Handwerkstradition der Wetzsteinmacherei reicht in Unterammergau bis
ins 16. Jahrhundert zurück. Bereits damals wurde in den umliegenden
Bergen Gestein abgebaut und wahrscheinlich schon in den Schleifmühlen
bearbeitet.
Ein bisschen Statistik: 1809 gab es in Unterammergau 21 Wetzsteinmacher.
Diese betrieben im Jahr 1865 etwa 32 Einzel- und 19
Doppelschleifmühlen, die von zwei Handwerkern gemeinsam betrieben
wurden. 1817 lag die Produktion bei jährlich 80 000 Wetzsteinen. Durch
die Einführung neuer Produktionstechniken stieg diese Zahl bis 1913 auf
277 640 Stück. Schon 1817 war der Vertrieb durch eine Genossenschaft
organisiert. Später war das die ,Bayerische
Marmor-Wetzsteinmacher-Genossenschaft', die ihren Sitz im so genannten
Stoakasten hatte. Der Transport nach Russland, Böhmen, Österreich und
Ungarn erfolgte über den Lech, die Loisach, Isar und Donau. Eine
Flussreise nach Wien dauerte etwa zehn Tage. Ab 1890 wurde die Eisenbahn
benutzt.
Foto: Gitti_pixelio.de |
Die Arbeit der Wetzsteinmacher begann im Spätsommer nach der Heuernte.
Die Männer zogen in die Steinbrüche hoch über Unterammergau. Dort
sprengten sie die geeigneten Platten aus dem Fels. Dazu wurde allerdings
kein Dynamit verwendet, reine Handarbeit ist gefragt gewesen. Zum „Sprengen“ wurde eine Eisenstange gebraucht, den „Windling“,
und einen Hammer, den Schuss-Schlegel. Nach dem ersten Schlag mit dem
Schuss-Schlegel wurde der Windling gedreht. So drang er tiefer in den
Stein ein. Das ging solange, bis sich die Platten, die so genannten
Schielen, aus dem Fels lösten. Diese Schielen kamen erst einmal in den
Kalter, das „Lager“. ur Weiterverarbeitung in den Schleifmühlen wurde
Wasserkraft gebraucht. Bevor also die Bäche zufroren, aber meist bei
regnerischem Wetter schnitten Bandeisen die Schielen in gleichmäßig vier
Zentimeter breite Wetzsteinstreifen.
Die eigentliche Schleifarbeit
begann mit dem Einbruch des Winters. In einer beheizten Hütte entstanden
dabei die fertigen Wetzsteine. Die Arbeiter blieben die gesamte kalte
Jahreszeit in dieser als Beckhütte bezeichneten Behausung; sie war
spartanisch mit Pritschen und Essgeschirr ausgestattet.
Quelle: http://www.heimatzeitung.de
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