Die Restaurierung
seltener, bibliophiler Kostbarkeiten, einem traditionsreichen Handwerk,
auf das sich die Buchbindermeister Hedwig und Klaus Müller in ihrer
Nußdorfer Werkstatt spezialisiert haben, ist sehr zeitaufwendig. Die Wiederherstellung der historischen Schriften dauert zum Teil über ein Jahr. Oftmals sind Seiten zerfranst bzw. zerrissen, oder der einstige Ledereinband
fehlt ebenso wie die Metallecken und Schließen. „Unser schwierigster Fall war bisher ein Buch aus Neustadt, eine
Hanisch-Bibel von 1594”, erzählt Hedwig Müller. Das Buch sei
wurmzerfressen, der Einband nicht mehr vorhanden gewesen. Doch solche
Sorgenkinder zu restaurieren, sei am interessantesten.
„Oft sieht man
an den Kerben auf dem Holz, dass der Hausvater auf der Bibel Brot
geschnitten hat”, weiß Meister Müller.
Behutsam werden zuerst die Fäden,
mit denen die Papierbögen zusammengeheftet waren, entfernt. Dann wird das Buch in
einzelne Lagen zerlegt. Mit einem feinen Pinsel wird jede Seite sorgfältig von
jahrhundertealtem Staub befreit.
Um die Seiten wieder lesbar zu machen, kommen diese zuerst in die Papierwaschmaschine. Dort werden jeweils bis zu 100 Seiten auf einem Plastikgitter in
einem Becken ausgebreitet, wo die Bögen von reinem, kaltem Leitungswasser
stundenlang sanft umspült werden. Dabei das Wasser den Gilb der Jahre - die Blätter
sind nach vier bis fünf Stunden wieder bleich und sauber wie am ersten
Tag. Stockflecken, Staub und Dreck werden ausgeschwemmt.
Für Seiten, denen
ein Stück fehlt, folgt dann die nächste Prozedur: die Anfaserungsarbeit. Die beschädigte Seite wird zuerst auf einen Siebeinsatz in
einen Wasserkasten gelegt. Dann wird ein Papierbrei aus Papierrohstoff und Wasser angerührt. Falls nötig, rührt Müller noch, je nach Farbton der
Originalseiten, selbst hergestellte Farbe hinzu. Durch einen Schlauch
wird der Papierbrei in das Wasserbecken gepumpt.
Der Faserbrei lagert sich an den
fehlenden Ecken an. Auch der Kleister, der durch das Waschen und
Anfasern ausgeschwemmt wurde, muss ersetzt werden: Seite für Seite wird
eingepinselt mit Weizenkleister, der dem Papier die notwendige
Festigkeit verleiht. Die nassen Blätter trocknen zwischen Vlieslagen in
einer 100 Jahre alten, gusseisernen Presse, der „Gauche“. So lange, bis
die gesamte Feuchtigkeit aus dem Papier gesaugt ist.
„Bis 1850 ist das Bibelpapier aus Baumwolle und Lumpenfasern gemacht
worden, danach aus Holz“, berichtet Klaus Müller. „Deshalb brauchen wir
für alte Bibeln mit Erscheinungsjahr vor 1850 den Baumwollbrei, um
Risse, Fasern und fehlende Papierstellen zu ergänzen“, so Müller. Für
jüngere Bibeln dagegen gebe es Papiervliese aus Zellulosefasern, die nur
auf die Seiten aufgebügelt würden.
Nach dem
sorgfältigen Beschneiden aller Papierblätter werden diese mit Nadel und Faden wieder
zusammengeheftet.
Schlussendlich wird das Buch der Bücher gegebenfalls mit einem zeitgenössischem
Ledereinband eingebunden und eigens angefertigten Metallecken und
Schließen versehen.
Über 400 Bibeln haben Hedwig und Klaus Müller bereits in Ihrer Werkstatt restauriert. Nebenher müssen auch andere Buchbindearbeiten oder Restaurationen von z. B. alten Märchenbüchern, oder Kochbücher durchgeführt werden.
Mehr Informationen zur Buchbinderei Müller unter
http://www.mueller-buch.de.
Quelle:
http://www.mueller-buch.de mit freundlicher Genehmigung von Klaus Müller