Freitag, 29. Januar 2016

Der Mars vor über hundert Jahren – ein Nachbau in traditioneller Handwerkskunst



Im Wohnzimmer von Michael Plichta in Mannheim steht ein Globus. Doch das ist nicht irgend ein Globus. Es handelt sich um einen Globus aus Gips, Papier, atmosphärisch dünnem Glanzlacküberzug und zwei Jahren Arbeit. Und dieser Globus stellt nicht die Erde dar, sondern den Mars. Und zwar nicht nach heutigem Forschungsstand, sondern wie man ihn sich Ende des 19. Jahrhunderts vorstellte: Überzogen von einem Geflecht aus Kanalen, ein vermeintlicher Beweis dafür, dass es auf dem Mars hoch entwickeltes Leben geben muss.

In traditioneller Handwerkskunst stellte Michael Plichta nach den Thesen von Schiaparelli und Lowell seinen Mars-Globus her:

Der Mailänder Astronom Giovanni Schiaparelli entdeckte 1877 unglaubliches: ein Netzwerk dunkler, schnurgerader Linien, die den gesamten Mars überspannten. Er bezeichnete diese Kanäle als Linien und fertigte eine Karte an.

Die Karte fiel 1880 schließlich Percival Lowell, einem reichen und vor allem fantsievollem amerikanischen Diplomaten, in die Hände. Dieser erfand die Geschichte zu der Karte Schiaparellis, dass da eine Zivilisation unter Wassermangel leide, dies durch die Kanäle ausgeglichen würde, welche das Wasser aus Polregionen in trockene Areale beförderten. Lowell baute daraufhin das beste Observatorium seiner Zeit und verbreitete seine falsche Theorie von intelligenten Marswesen.


Die Idee, einen Globus nach diesen Theorien herzustellen, kam Plichta, als er vor einigen Jahren einen Mondglobus aus den Sechzigerjahren ersteigerte, dessen Rückseite weiß war. Man wusste damals noch nicht, wie die erdabgewandte Seite des Mondes aussieht. Er fand es unglaublich, dass die Wissenschaft trotz allem Fortschritt trotzdem vollkommen daneben lag.

Der Globus ist übrigens unter www.marsglobes.com erhältlich; hier findet man auch einen tollen Film in englischer Sprache über die Herstellung der Globen. Plichta plant bereits ein neues Projekt – einen Venus-Globus nach den Vorstellungen des Astronomen Francesco Bianchini.





Quelle: Zeitungsartikel Feuilleton Süddeutsche Zeitung, übersendet von Michael Plichta


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