...ein Kettenhemd?
Teil 2
Kettenhemd mit Ringlage in Längsrichtung an Torso, Armen und Hals,
und mit geschlossenen Achseln.
Wichtigstes Mittel für die Realisierung des Schnittmusters ist die
Trötnaht. Der Schnitt besteht grob aus dem Torso, der Schulterpartie
mit anschließendem Hals und den Armen. Die Arme und der Torso müssen
sehr weit geschnitten sein, um die Bewegungsfreiheit zu gewährleisten. Zuerst wird der Hals mit anschließender Schulterpartie geflochten,
dann die Arme. Dann werden die Arme an den Schultern befestigt, und der
Torso wird angebaut.
Schulter
Gebaut wird vom Hals aus. Der Hals ist ein kurzes Stück Schlauch,
etwa 5–10 Reihen lang. Er sollte so dimensioniert sein, daß er um
den Hals reicht, wenn die Ringe leicht ineinander geschoben sind. Auf Schulterhöhe
verbreitert sich dieser Schlauch dann durch 6 Trötnähte, bis
er die Breite der Schultern erreicht.
So bildet sich eine Ebene wie in
der Abbildung gezeigt. Dieses erreichen wir, indem an den Hals ganz normal
angebaut wird, als wollten wir ihn verlängern, nur werden in jeder
Reihe 6 Trötringe eingefügt, und das immer an den selben Stellen.
Je 3 Trötnähte haben einen Ursprung, und die 3-er Gruppen sind
auf gegenüberliegenden Seiten.
Ein Beispiel: Wir haben ein Halsstück von 40 Ringen Umfang und
5 Reihen Höhe. Wir suchen nun in der untersten Reihe zwei gegenüberliegende
Ringe (etwa Ringe 5 und 25, und hängen dort je einen Trötring
ein. Beide Trötringe bekommen Nachbarn rechts und links. Das heißt,
wir hängen 4 weitere Trötringe ein, und zwar an die Positionen
4, 6, 24 und 26. Wir haben damit den Grundstein für die 6 Trötnähte
gelegt, die nun vom Hals ausgehend die Schultern bilden. Der Zwischenraum
zwischen den Trötringen wird nun ausgefüllt, indem die Reihe
mit 40 weiteren Ringen komplettiert wird. Das heißt auch, dass
wir Ringe zwischen die Nachbar-Trötringe legen, also in diesem Fall
4/5; 5/6; 6/7; 24/25; 25/26; 26/27.
Die 6. Reihe hat nun also 46 Ringe,
bestehend aus 40 normalen + 6 Trötringen. Die 7. Reihe fangen wir
irgendwo an, und arbeiten uns auf den ersten Trötring (der 6. Reihe)
zu, der mit eingefädelt wird, wie ein ganz normaler Ring. Dann setzen
wir den ersten Trötring der 7. Reihe, und zwar genau in den entsprechenden
Trötring der 6. Reihe. Wir setzen einen weiteren Ring, der in den
1. Trötring der 6. Reihe und den Ring, der zwischen dem 1. und 2.
Trötring der 6 Reihe liegt. Dann ein weiterer Ring in den Ring, der
zwischen dem 1. und 2. Trötring der 6 Reihe liegt und den 2, Trötring
der 6. Reihe. Dann der 2. Trötring der 7. Reihe usw... Wenn wir die
Ringe zählen, die zwischen den benachbarten Trötringen liegen,
bemerken wir, daß es in der 6. Reihe einer ist, und sich in der 2.
Reihe schon 2 Ringe zwischen den Trötringen befinden. In jeder Reihe
haben wir also pro Trötnaht einen Ring mehr. Das heißt, dass
wir in der 8. Reihe schon 52 haben, und in der 9. Reihe 58. Das Gebilde
was hierbei entsteht, ist ein langezogenes Sechseck mit einem Loch in der
Mitte (der Hals). Betrachten wir dieses Sechseck, fällt auf, das es
in 6 Teilflächen (Lappen) unterteilt werden kann: 2 Trapeze und 4
Dreiecke. An die Dreiecke werden später die Arme angebaut.
Arme
Der Durchmesser sollte
so dimensioniert sein, daß der Ellenbogen, wenn er im Schlauch steckt,
noch angewinkelt werden kann. Kurz vor der Schulter werden die Arme mit
je 2 Trötnähten
erweitert, so daß der halbe Umfang des Arms am Rand zum Schulterteil
der Breite des äußeren Rands der Schultern entspricht. Eine
Trötnaht endet vorne an der Brust, die andere endet am Rücken.
Die Seiten am Ende einer Trötnaht stehen naturgemäß in
einem leichten Winkel zueinander, sodass das Ende der Trötnaht
eine flache Spitze bildet.
Wenn wir den Arm mit dem Schulterteil verbinden, so tun wir das, indem
wir eine weitere Reihe mit Ringen einsetzen. Diese zählen wir zum
Arm, und sie enthält auch die letzen beiden Trötringe des Arms
diese Trötring sind auch die letzten beiden Trötringe der vorderden
und hintern Schultertrötnähte. Die mittlere Trötnaht erhält
keinen Trötring. Die Hälfte der letzten Reihe des Arms vor dem
Verbinden (einschließlich der Arm-Trötringe) muss also
genau so viele Ringe haben wie der äußere Rand der Schulter. Wir bleiben weiterhin beim obigen Beispiel.
Schulter: 31 Ringe Arm: Eine Seite 31 Ringe (einschließlich Trötringe)
andere Seite 29 Ringe (ohne Trötringe) - also insgesamt 60 Ringe Umfang.
Diese Reihe muß, wenn sie der Schulterreihe gegenüberliegt,
in die gleiche Richtug zeigen, damit wir die beiden Stücke mit einer
einzelnen Reihe verbinden können.
60 ist eine gerade Zahl. Da mit jeder Trötreihe 2 Ringe dazu kommen,
muss auch der ursprüngliche Umfang des Arms in Ringen eine gerade
Zahl sein. Nehmen wir an, für den Umfang des Arms hätte sich
ein Idealwert von 35 Ringen ergeben. Wir zählen eins dazu um auf die
gerade Zahl 36 zu kommen. Um die Zahl der Trötreihen, die nötig
sind, den Arm entsprechend zu erweitern, auszurechnen, ziehen wir von der
Anzahl der Ringe an der breiten Stelle die Anzahl der Ringe am eigentlichen
Armumfang ab, und teilen das Ergebnis durch 2 (2 Trötringe/Reihe):
(60-36)/2 = 12.
Wir müssen also 12 Trötreihen anfügen, um auf den erforderlichen
Umfang zu kommen. 12 ist ebenfalls eine gerade Zahl. Das ist wichtig, denn
wir müssen wissen, in welche Richtung die Ringe der letzten nicht-Trötreihe
Zeigen müssen, damit die letzte Trötreihe vor dem Verbinden in
die gleiche Richtung zeigt, wie die letzte Reihe der Schulter, wenn sich
die Reihen gegenüberliegen. Eine gerade Zahl bedeutet, dass
die letzte nicht-Trötreihe (gegenüberliegend) in die gleiche
Richtung zeigen muß, wie die letzte Schulterreihe. Hätten wir
eine ungerade Anzahl von Trötreihen, wäre das Gegenteil der Fall.
Dazu ein Beispiel: Angenommen, unsere Arm-Umfangs-Messung hätte ergeben,
daß 37 Ringe der Richtige Umfang für den Arm ist, und die Schulter
wäre nach wie vor 31 Ringe breit, wir hätten also weiterhin 60
Ringe Armumfang an der Schulter. Aus der 37 würde eine 38, damit wir
eine gerade Zahl hätten. Die Anzahl der Reihen wäre also (60-38)/2
= 11. Das ist eine ungerade Zahl, woraus folgert, daß die letzte
nicht-Trötreihe, wenn sie der Schulter gegenüber gelegt wird,
in die entgegengesetzte Richtung zeigen muss.
Nun können die Arme angesetzt werden. Man fängt damit an, die oberen
Schulter-Trötnähte mit der Mitte zwischen der vordereren und
hinterern Armtrötnaht zu verbinden. Die anliegenden Kanten werden
dann verbunden. Hierbei arbeitet man am besten mit 2 Spechten, da jeder
Ring durch 4 andere Ringe gefädelt werden muß, und dann zum
Zusammenbiegen nicht viel Platz zum Greifen bleibt.
Der Torso
Betrachten wir das halbfertige Kettenhemd, so erkennen wir, dass auf der
Unterseite, wo der Torso angebaut wird, alle Ringe in Längsrichtung
liegen.
1. Die vordere Armtrötnaht des rechten Arms trifft auf die rechte
Brust - Trötnaht
1. Die hintere Armtrötnaht des rechten Arms trifft auf die rechte
Rücken - Trötnaht
1. Die vordere Armtrötnaht des linken Arms trifft auf die linke
Brust - Trötnaht
1. Die hintere Armtrötnaht des linken Arms trifft auf die linke
Rücken - Tröchtnaht
Die daraus resultierenden Löcher, Brennpunkte genannt zu füllen
ist etwas kompliziert, man sollte hier größere Ringe zu nehmen, da an diesen Stellen später eine
punktuelle Belastung auftritt, die dadurch ansatzweise verteilt wird.
Der Torso wird nun Reihe für Reihe angebaut, bis er
den Oberschenkel erreicht. Nun kann er mit gleichmäßig verteilten
Gizehecken abgeschlossen werden.
Philipp Klostermann hat ein Java-Script geschrieben, das die möglichen Kombinationen
für Gizehecken (Anzahl der Ringe/Ecke, Anzahl der Ecken) berechnet, dieses findet ihr
hier.
Der allerletzte Ring sollte aus Messing sein, und sollte eine Gravur
mit dem Namen des Herstellers haben. In der Zeit,
in der Kettenhemden Mode waren, war es auch üblich eine kleine Messingplatte mit Herkunftsangaben am Ende einzuflechen.
Quelle der Bauanleitung und der Abbildungen sowie detailliertere Infos zur Herstellung:
http://www.tempora-nostra.de/artikel/kettenhemd/ketted.shtml
Mit freundlicher Genehmigung von Philipp Klostermann.